<195> Infanterie sammeln. Kaum war diese Attacke erfolgt, als meine 60 Schwadronen ohne meinen Befehl und sehr wider meinen Willen zum zweitenmal angriffen. Trotzdem sie in beiden Flanken von 60 Geschützen beschossen wurden, schlugen sie die österreichische Kavallerie vollständig. Außer diesem Feuer stießen sie noch auf einen furchtbaren Graben, setzten darüber hinweg, prallten aber jenseits davon auf österreichische Infanterie, die in einem zweiten Graben stand, und auf Artillerie. Von dort aus und in der linken Flanke mit Feuer überschüttet, mußten sie sich unter den Schutz unserer Infanterie flüchten. Verfolgt wurden sie nicht. Ich benutzte den Augenblick, um sie wieder auf dem Berg hinter meiner Infanterie aufzustellen, wo ich sie wie im Manöver sammelte.

Inzwischen dauerte das Geschützfeuer fort, und der Feind machte die größten Anstrengungen zur Umfassung meines linken Infanterieflügels. Ich sah die Notwendigkeit ein, ihn zu unterstützen, und schickte ihm die beiden letzten Bataillone, die mir von den 24 blieben, zu Hilfe. Um gute Miene zum bösen Spiel zu machen, ließ ich die 24 Bataillone des ersten Treffens linksum machen. Die Lücke im Zentrum füllte ich zum Notbehelf mit meinen Kürassieren, und aus dem Rest der Kavallerie bildete ich ein zweites Treffen zur Unterstützung des Fußvolks. Zugleich rückte mein ganzer linker Infanterieflügel mit einer Viertelschwenkung staffelweise gegen Lobositz vor, eroberte den Ort trotz des Geschützfeuers und der unerhört starken feindlichen Infanterie in seiner Flanke und zwang die ganze feindliche Armee zur Flucht.

Der Herzog von Bevern zeichnete sich derart aus, daß ich sein Lob nicht laut genug singen kann. Mit 24 Bataillonen haben wir 72 vertrieben und, wenn Ihr wollt, 700 Geschütze. Von den Truppen rede ich nicht. Ihr kennt sie. Aber seit ich die Ehre habe, sie zu führen, sah ich noch nie solche Wunder der Tapferkeit bei der Reiterei wie beim Fußvolk. Die Infanterie eroberte ummauerte Weinberge und steinerne Häuser. Sie stand von 7 Uhr morgens bis 3 Uhr nachmittags im Geschützund Gewehrfeuer und hielt vor allem den Angriff auf Lobositz aus. Kurz, sie kämpfte ununterbrochen, bis der Feind vertrieben war. Ich war besonders darauf bedacht, mit meinem rechten Flügel die Höhe zu halten. Das hat, glaube ich, den Sieg entschieden. Zeigt die beifolgende Skizze bitte Fouqué; er würde mir nie verzeihen, wenn er sie nicht zu Gesichte bekäme.

Ich ersehe aus alledem, daß die Feinde sich nur auf Stellungskämpfe einlassen wollen, und daß man sich hüten muß, sie auf Husarenart anzugreifen. Sie sind gewitzigter geworden als früher. Und glaubt mir aufs Wort: wenn man ihnen nicht starkes Geschütz entgegenstellen kann, würde es unendlich viel Leute kosten, sie zu schlagen.

Moller1 von der Artillerie hat Wunder vollbracht und mich hervorragend unterstützt.


1 Major Karl Friedrich von Moller.